Nur noch ein paar Kilometer. Das wird man trotz der fast zufallenden Augen schon noch schaffen. Diese Einstellung ist für fast jeden vierten Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang verantwortlich. Denn der Sekundenschlaf kommt viel schneller als man denkt. Und hier sind bei Weitem nicht nur Nachtfahrten betroffen.
Was die Müdigkeit am Steuer fördert, welche Folgen das haben kann und wie Sie den gefährlichen Sekundenschlaf verhindern können, zeigen wir Ihnen im aktuellen Beitrag.
Ursachen und Auswirkungen des Sekundenschlafs
Besonders gefährdet sind Personen mit unregelmäßigen Arbeitszeiten, Pendler mit sehr langen Fahrtstrecken oder Personen, die unter Schlafproblemen leiden und daher ständig von Tagesschläfrigkeit betroffen sind. Doch auch bei Urlaubsfahrten kann die Übermüdung zur Gefahr werden: Wo Vorbereitung und Arbeit unter einen Hut gebracht werden müssen, kommt der Schlaf oft zu kurz. Außerdem fahren viele schon nachts bzw. sehr früh los, um dem Stau zu entgehen, was ebenfalls Müdigkeit am Steuer fördert.
Je monotoner die Umgebung ist, z.B. auf Autobahnen, und je länger die Fahrt dauert, desto wahrscheinlicher ist es, dass man ermüdet. Die Gehirnaktivität reduziert sich, die Reaktionsfähigkeit nimmt ab. Nach etwa 17 Stunden ohne Schlaf reagiert der Körper ähnlich wie bei einem Blut-Alkoholwert von 0,5 Promille. Nach etwa 22 Stunden entspricht das ca. 1,0 Promille.
Wer trotz Müdigkeit weiter fährt, gefährdet fahrlässig den Straßenverkehr. Kommt es dabei zu einem Unfall, kann das schwerwiegende Folgen haben. Laut § 315c StGB sind Freiheitsstrafen bis 5 Jahre oder Geldstrafen möglich. Außerdem kann die Polizei vorläufig den Führerschein entziehen, wenn sie bei einer Verkehrskontrolle eine Übermüdung feststellt.
Nehmen Sie die Warnsignale für Müdigkeit am Steuer ernst
Der Sekundenschlaf schickt eine Reihe von Vorboten. Es gibt also Warnsignale, die Sie auf jeden Fall ernst nehmen sollten.
Dazu gehören:
- schlechte, gereizte Stimmung
- Augen brennen, Augenlider werden schwerer
- Konzentration fällt schwerer
- unscharfes Sehen/der Reiz, zu blinzeln, verstärkt sich
- häufiges Gähnen, das sich immer schwerer unterdrücken lässt
- das Spur halten fällt schwer
- Blick ist starr auf die Fahrbahn gerichtet
- man schreckt wiederholt aus Unaufmerksamkeit auf
Wenn Sie bei Ihrer Fahrt eines oder mehrere dieser Signale feststellen, sollten Sie unbedingt eine Pause einlegen. Am besten hilft ein kurzer Schlaf von etwa 15 bis 20 Minuten. Wenn Sie davor noch einen starken Kaffee trinken, verbessert sich die Wachphase danach noch, da der Kaffee erst nach etwa 30 Minuten seine Wirkung zeigt. Auch Bewegung während der Pause hilft, um den Kreislauf anzukurbeln, allerdings wirkt das nicht so gut wie richtiger Schlaf. Im Prinzip wird die Müdigkeit damit nur kurz unterbrochen.
Versuchen Sie nicht, die Müdigkeitsphase durch Mittel wie Aufputschgetränke, Fenster aufdrehen, laute Musik oder Unterhaltungen mit dem Beifahrer zu umgehen. Diese Mittel helfen nicht.
Der Müdigkeit am Steuer vorbeugen
Die beste Methode, dem gefährlichen Nickerchen am Steuer zu entgehen, ist natürlich ein ausgeruhter Start in die Fahrt. Mindestens 8 Stunden Schlaf, keine schweren Mahlzeiten vor der Fahrt, ausreichend Pausen auf der Fahrt einlegen und sich während der Pausen viel bewegen.
Technische Lösungen im Fahrzeug
Moderne Assistenzsysteme besitzen eine umfassende "Müdigkeitserkennung". Je nach Ausführung messen die Systeme Aspekte wie das Lenkverhalten, die Fahrtdauer, die Tageszeit oder das Blinkverhalten. Ganz typisch für eine erhöhte Müdigkeit bzw. nachlassende Konzentration sind z.B. hektische Lenkeingriffe. Schlägt das System an, wird das entweder durch ein akustisches oder optisches Signal oder eine Kombination aus beidem angezeigt.
Die Assistenzsysteme bieten zwar den Vorteil, dass eine "externe" Instanz auf die Müdigkeit hinweist, sie machen aber nur dann Sinn, wenn der Fahrer auch entsprechend reagiert, sprich: Pausen auf der Fahrt einlegt. Deshalb werden die Müdigkeitswarnsysteme auch öfters kritisiert. Eine Studie der TU Berlin hat z.B. festgestellt, dass die Warnsysteme eher das Gegenteil bewirken: Die Fahrer verlassen sich auf das Sicherheitssystem und werden damit eher risikofreudiger, legen also gerade mit dem System keine Pause ein, weil sie ja im Fall von Müdigkeitserscheinungen gewarnt werden.
Fazit:
Ein System zur Müdigkeitserkennung ist kein Ersatz für Pausen. Starten Sie Ihre Autofahrt immer ausgeruht und nehmen Sie sich die Zeit für Zwischenstopps.